Apotheken Rezeptprüfung

Rezeptprüfung

Vor der Herstellung und Abgabe von Cannabisarzneimitteln in der Apotheke, sollte zuallererst das Rezept auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Plausibilität überprüft werden.

Allgemeines zur Verordnung

  • Seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) am 01.04.2024 sind Cannabisarzneimittel (getrocknete Cannabisblüten und -extrakte in standardisierter Qualität sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol) verschreibungspflichtig. Lediglich bei Nabilon-haltigen Arzneimitteln (Canemes®) handelt es sich noch um Betäubungsmittel der Anlage III § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG).
  • Als verschreibungpflichtige Arzneimittel werden Cannabisverordnungen ganz „normal“ auf E-Rezept (oder Muster-16-Rezepte) verschrieben. [Apotheken dürften jedoch keine Retaxation befürchten, wenn sie BtM-Rezepte beliefern, auf denen Cannabis, Dronabinol oder z. B. Sativex® verordnet ist. Die Ausstellung eines BtM-Rezepts wird auch nach dem 30.04.2024 akzeptiert, sofern dies die einzige Option ist. Cannabis-BtM-Rezepte behalten ihre Gültigkeit für 28 Tage. Die BtM-Gebühr nach § 7 Arznei­mittel­preis­ver­ordnung darf in solchen Fällen aber nicht mehr abge­rechnet werden.]
  • Nabilon-haltige Arzneimittel müssen weiterhin auf einem gelben Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) verordnet werden. Dies gilt für Privatverordnungen als auch für Verschreibungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Hinweis: Die verpflichtende E-Rezept-Nutzung auf Arztseite laut § 360 SGB V für BtM-Verordnungen soll ab dem 01.07.2025 gelten. Die freiwillige Nutzung startet i. d. R. jeweils 3–12 Monate vor der Verpflichtung.
  • Es gelten die üblichen Anforderungen an ein „normales“ bzw. BtM-Rezept. Die Prüfung erfolgt u. a. anhand der Vorgaben der § 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) bzw. §§ 9 und 12 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV).
  • Bei der Abgabe von Medizinalcannabis handelt es sich immer – sofern keines der Fertigarzneimittel (z. B. Sativex® Spray, Canemes® Kapseln, Epidyolex® Lösung) verordnet wurde – um Rezepturarzneimittel.
  • Bei der Erstverordnung sowie bei einem grundlegenden Therapiewechsel – mit Ausnahme von Wechseln innerhalb der Kategorien „Blüten und Extrakte in standardisierter Qualität“ sowie bei Dosisanpassungen – ist für Verschreibungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) normalerweise die Genehmigung der jeweiligen Krankenkasse erforderlich. In der Regel obliegt es der Apotheke nicht, zu überprüfen, ob eine solche Genehmigung vorliegt. Für die Ersatzkassen (BARMER, DAK-Gesundheit, HEK, hkk, KKH und TK) ist dies in § 4 Abs. 5 vdek-Arzneiversorgungsvertrag eindeutig geregelt. Um Retaxationen bei den Primärkassen zu vermeiden, wurde bislang jedoch empfohlen, direkt bei der entsprechenden Krankenkasse nachzufragen oder sich die Genehmigung vom Patienten vorlegen zu lassen. Mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 18.07.2024, der den Wegfall des Genehmigungsvorbehalts für zahlreiche Arztgruppen vorsieht und voraussichtlich Ende September 2024 in Kraft tritt, dürfte jedoch jede mögliche Verpflichtung der Apotheken zur Überprüfung der Verordnungsfähigkeit des verordneten Mittels entfallen.
  • Grundsätzlich dürfen alle Ärzte, unabhängig von der Fachrichtung, Medizinalcannabis verordnen. Ausgenommen sind alle Zahn- und Tierärzte. Gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) darf ein Arzneimittel, das von einer zur Verschreibung nicht befugten Person verordnet wurde, nicht abgegeben werden, da es sich um eine ungültige Verordnung handelt. Bei solch einer Auffälligkeit sollte die verordnende Person kontaktiert werden.
  • Die Verordnung mehrerer Cannabisprodukte (z. B. zwei Cannabisblütensorten) ist grundsätzlich möglich, sollte aber auf getrennten Rezepten erfolgen. Laut Bundesmantelvertrag (BMV) der Ärzte darf nur eine Rezeptur pro Verordnungsblatt (Muster-16-Papierrezept) verschrieben werden. Hinweis: Wenn Medizinalcannabis auf einem E-Rezept verordnet wird, können theoretisch auch mehrere Rezepturen auf einem Rezept verordnet werden, da die Bedruckung mit dem Hash-Code bei E-Rezepten wegfällt.
  • Wie bei allen anderen Arzneimittelverordnung auch, darf auf dem Rezept keine Diagnose oder Therapiebegründung angegeben sein. Eine Diagnose ist aber für eine korrekt ausgefüllte Verordnung eines Hilfsmittels (z. B. Vaporisator) gemäß § 7 Abs. 2 Hilfsmittel-Richtlinie erforderlich. Die Diagnose darf zwar nach Rücksprache mit dem Arzt von der Apotheke ergänzt werden, bedarf jedoch einer Gegenzeichnung der verordnenden Person.
  • Arzneimittel sollen nicht gemeinsam mit einem Hilfsmittel auf demselben Rezept verordnet werden. Daher sollte man vom Arzt auf jeden Fall zwei getrennte Rezepte anfordern. In den meisten Lieferverträgen ist übrigens vereinbart, dass bei einer solchen „Mischverordnung“ das Hilfsmittel von der Verordnung zu streichen ist bzw. nicht zu beliefern ist.

Hinweis: Vaporisatoren sind bislang nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet. Deshalb ist eine Vorabgenehmigung der Kostenübernahme für Patient:innen bei der jeweiligen Krankenkasse erforderlich.

Rezeptprüfung: Schritt für Schritt

Das „normale“ (E-)Rezept

Welche Angaben auf einer Arzneimittelverordnung gemacht werden müssen, ist in § 2 der Arzneimittlverschreibungverordnung (AMVV) geregelt.

Demnach sind auf einem „normalen“ (Muster-16-) bzw. E-Rezept für getrocknete Cannabisblüten, Cannabisextrakte sowie cannabishaltige Arzneimittel u. a. folgende Angaben notwendig:

  1. Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift der Praxis oder der Klinik der verschreibenden ärztlichen Person einschließlich einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme
  2. Datum der Ausfertigung oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, das Datum der qualifizierten elektronischen Signatur
  3. Name und Geburtsdatum der Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist
  4. Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffes einschließlich der Stärke; bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, die Zusammensetzung nach Art und Menge oder die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, von dem eine Teilmenge abgegeben werden soll, sowie eine Gebrauchsanweisung; z. B. ölige Dronabinol-Tropfen 25 mg/ml (NRF 22.8) 10 ml (entspricht 250 mg Dronabinol)]; bei Cannabisblüten und Cannabisextrakten muss explizit auch die Sorte bzw. der Extrakt genannt werden (am besten auch Hersteller und PZN), da sich die Sorten/Extrakte in ihrem Wirkstoff-Gehalt unterscheiden. Eine reine Wirkstoffverordnung unter Angabe z. B. des THC-Gehalts ist nicht zulässig.
  5. Darreichungsform, sofern dazu die Bezeichnung nach Nummer 4 nicht eindeutig ist
  6. Abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels; sofern das Arzneimittel zur wiederholten Abgabe auf dieselbe Verschreibung bestimmt sein soll, einen Vermerk mit der Anzahl der Wiederholungen
  7. Dosierung; dies gilt nicht, wenn dem Patienten ein Medikationsplan, der das verschriebene Arzneimittel umfasst, oder eine entsprechende schriftliche Dosierungsanweisung einer verschreibenden Person vorliegt und wenn die verschreibende Person dies in der Verschreibung kenntlich gemacht hat oder wenn das verschriebene Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird. Spezialfall Rezepturverordnung: Bei einem Arzneimittel, das in der Apotheke hergestellt werden soll, muss eine Gebrauchsanweisung zusätzlich angegeben werden (einer Gebrauchsanweisung bedarf es nicht, wenn das Arzneimittel unmittelbar an die verschreibende Person abgegeben wird); ist sie nur mit dem Hinweis „Gemäß schriftlicher Anweisung“ gekennzeichnet, so muss die Anweisung der Apotheke zusätzlich in schriftlicher Form vorliegen (nach ärztlicher Rücksprache darf die Apotheke diese auf dem Rezept ergänzen + Datum + Unterschrift/Kürzel). Grund ist die Kennzeichnungspflicht der Primärverpackung eines Rezepturarzneimittels nach § 14 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Ist die schriftliche Anweisung der Apotheke nicht bekannt, so ist die Verordnung nicht plausibel und die Rezeptur darf – bis zur Klärung – nicht hergestellt werden.
  8. Gültigkeitsdauer der Verschreibung
  9. Eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur

Das BtM-Rezept (Nabilon-haltige Arzneimittel)

Ein BtM-Rezept besteht immer aus drei Teilen: einem gelben Deckblatt (Teil II) und zwei Durchschlägen (Teil I und III). Teil III verbleibt zur Dokumentation in der Arztpraxis des verordnenden Arztes, während Teil I und II in der Apotheke vorgelegt werden. Teil I wird in der Apotheke drei Jahre ab Abgabedatum für Prüfzwecke aufbewahrt und Teil II (gelbes Deckblatt) dient der Abrechnung mit den Krankenkassen bzw. wird bei einer Privatverordnung dem Patienten nach dem Bedrucken wieder ausgehändigt.

Vorgaben gemäß BtMVV

Bei BtM-Rezepten müssen Apotheken neben den allgemeinen Vorgaben zur Rezeptbelieferung aus dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V und den Lieferverträgen der GKV, auch die Besonderheiten der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) berücksichtigen.

Demnach sind auf einem BtM-Rezept u. a. folgende Angaben notwendig:

  1. Name, Vorname und Anschrift des Patienten
  2. Ausstellungsdatum: Ein BtM-Rezept ist nur 7 Tage nach der Rezeptausstellung gültig und darf, wenn es erst nach mehr als 7 Tagen nach dem Ausstellungstag vorgelegt wird, nicht mehr beliefert werden.
  3. Arzneimittelbezeichnung, soweit dadurch eine der nachstehenden Angaben nicht eindeutig bestimmt ist, jeweils zusätzlich Bezeichnung und Gewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form, Darreichungsform
  4. Menge des verordneten Arzneimittels in Gramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form
  5. Gebrauchsanweisung/Dosierungsangabe mit Einzel- und Tagesgabe: Ist das Rezept nur mit dem Hinweis „Gemäß schriftlicher Anweisung“ gekennzeichnet, so muss die Anweisung der Apotheke zusätzlich in schriftlicher Form vorliegen. Grund ist die Kennzeichnungspflicht der Primärverpackung eines Rezepturarzneimittels nach § 14 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). Ist die schriftliche Anweisung der Apotheke nicht bekannt, so ist die Verordnung nicht plausibel und die Rezeptur darf – bis zur Klärung – nicht hergestellt werden.
  6. Name des verschreibenden Arztes, Berufsbezeichnung, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift
  7. Betriebsstättennummer (BSNR) und lebenslange Arztnummer (LANR)
  8. Seriennummer: Jeder Rezeptvordruck hat eine einmalige, neunstellige Seriennummer. Diese ist mit einer schwarzen Farbe aufgedruckt, die unter UV-A-Licht grünlich fluoresziert

Hinweis: Sollte der Buchstabe „N“ auf dem BtM-Rezept angegeben worden sein, bedeutet dies, dass es sich um das Nachreichen einer notfallbedingten Verschreibung handelt. Ein mit „N“ gekennzeichnetes BtM-Rezept, darf nicht noch einmal beliefert werden (§ 12 BtMVV).

Heilungsmöglichkeiten

Fehlen erforderliche Angaben oder sind diese fehlerhaft, so können Apotheken diese gemäß § 2 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und § 6 Rahmenvertrag ggf. nach Rücksprache mit dem Arzt selbst heilen. Wichtig ist, dass dies vor der Abgabe erfolgt.

Cannabis-Höchstmengen und Kennzeichnungspflicht

In der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) waren Höchstmengen definiert, die ein Arzt höchstens für einen Zeitraum von 30 Tagen für einen Patienten verordnen durfte. Bei Überschreitung der vorgegebenen Höchstmenge musste der Arzt dies durch den Buchstaben „A“ auf dem BtM-Rezept kenntlich machen. Die Höchstmengenregelung und die Kennzeichnungspflicht bei Überschreitung sind seit dem 08.04.2023 nicht mehr gültig.

Verordnungsfähigkeit nicht zugelassener Cannabisarzneimittel

Ob der gesetzliche Anspruch von Patienten auf eine Versorgung mit Medizinalcannabis auch eine Verordnung von in Deutschland nicht zugelassenen Cannabisarzneimittel begründet, lässt sich derzeit nicht abschließend bewerten. Einzelimporte, von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln (z. B. Marinol® Kapseln oder Syndros® Orallösung aus den USA), werden bislang in nur sehr eng definierten Einzelfällen von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen. Im konkreten Einzelfall ist daher eine Vorabklärung mit der jeweiligen Krankenkasse anzuraten (über den Patienten mittels Genehmigungsantrag).

Folgende Punkte müssen für die rechtliche Zulässigkeit eines Einzelimports nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) grundsätzlich erfüllt sein:

  • Bestellung in geringer Menge für eine einzelne Person
  • Abgabe im Rahmen einer bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis
  • Arzneimittel ist in dem Staat, aus dem es nach Deutschland importiert wird, rechtmäßig in Verkehr
  • Keine hinsichtlich des Wirkstoffs identischen und hinsichtlich der Wirkstärke vergleichbaren Arzneimittel für das betreffende Anwendungsgebiet in Deutschland verfügbar
  • Keine Rücknahme, kein Widerruf, kein Ruhen der Zulassung in Deutschland gem. § 30 Abs. 4 AMG
  • Keine Dopingsperre
  • TSE-Verordnung zutreffend und erfüllt
  • § 5 (Verbot bedenklicher Arzneimittel) und § 8 (Verbote zum Schutz vor Täuschung) AMG sind nicht betroffen

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