- Wie problematisch ist Cannabis in der Schwangerschaft?
- Retrospektive Kohortenstudie mit Schwangeren aus Nordkalifornien
- Pränataler Cannabiskonsum birgt Risiko für zahlreiche Schwangerschaftskomplikationen
- Ausnahme: Signifikant geringeres Risiko für Gestationsdiabetes
- Weitere Studien nötig, um Auswirkungen eines pränatalen Cannabiskonsum besser zu verstehen
DCP – Zahlreiche Studien haben bereits die Auswirkungen einer Cannabisexposition im Mutterleib auf die fötale und neonatale Gesundheit untersucht. Jedoch ist bislang wenig darüber bekannt, inwieweit pränataler Cannabiskonsum mit dem Gesundheitszustand der Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung steht. Eine retrospektive Kohortenstudie mit 250 000 Schwangeren zeigte nun komplexe Zusammenhänge auf.
In den letzten Jahren ist die Rate des Cannabiskonsums in der Schwangerschaft (pränatal) in den USA gestiegen, was eng mit der zunehmenden Legalisierung (privater Konsum seit 2016 und Ver-/Einkauf seit 2018 legal möglich) und der veränderten Wahrnehmung der Sicherheit von Cannabis zusammenhängt. Viele schwangere Frauen betrachten Cannabis als eine sicherere Alternative zu verschreibungspflichtigen Medikamenten und nutzen es zur Linderung von Schlafproblemen, Depressionen, Stress, morgendlicher Übelkeit sowie Schmerzen während der Schwangerschaft.
Cannabis in der Schwangerschaft – sichere Alternative oder Problem?
Jedoch haben zahlreiche Studien bereits einen moderaten Anstieg des Risikos für fötale und neonatale Gesundheitsprobleme aufgezeigt. Beispielsweise wurden in Zusammenhang mit Cannabiskonsum ein geringeres Geburtsgewicht, Frühgeburten und die Notwendigkeit einer Aufnahme auf der neonatologischen Intensivstation festgestellt. Aus diesem Grund empfehlen die nationalen US-Richtlinien, dass schwangere Frauen auf den Konsum von Cannabis verzichten sollten.
Retrospektive Kohortenstudie mit 250 000 schwangeren Frauen
Um die potenziellen Auswirkungen des pränatalen Cannabiskonsums auf die Gesundheit werdender Mütter zu erforschen, führten Wissenschaftler des Forschungsinstituts des Krankenversicherers Kaiser Permanente Northern California bei San Francisco eine bevölkerungsbezogene retrospektive Kohortenstudie durch. Die Untersuchung umfasste 316 722 Schwangerschaften von 250 221 einzelnen Frauen zwischen Januar 2011 und Dezember 2019. Schwangerschaften mit einer Dauer von mindestens 20 Wochen wurden berücksichtigt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmerinnen betrug 30,6 Jahre (+/- 5,4 Jahre).
Der pränatale Cannabiskonsum wurde definiert als jeder selbstberichtete Konsum während der frühen Schwangerschaft oder als ein positives toxikologisches Screening-Testergebnis (Urin) zu Beginn der Schwangerschaft, zwischen der 8. bis 10. Schwangerschaftswoche. Insgesamt wurde bei 20 053 Frauen (6,3 %) pränataler Cannabiskonsum dokumentiert. Davon gaben 2,9 % an, Cannabis konsumiert zu haben, während 5,3 % positiv getestet wurden; 1,8 % waren in beiden Kategorien positiv. Insgesamt 1 930 Frauen (0,6 %) konsumierten täglich, 2 345 (0,7 %) wöchentlich, 4 892 (1,5 %) monatlich oder seltener, und bei 10 886 Frauen (3,4 %) war die Häufigkeit des Cannabiskonsums unbekannt. Die Wissenschaftler berechneten relative Risiken (RR) zur Einschätzung der mit Cannabis verbundenen Risiken.
Pränataler Cannabiskonsum war mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Schwangerschaftskomplikationen verbunden. Insbesondere wurde ein erhöhtes Risiko für Schwangerschaftsbluthochdruck, Präeklampsie, unzureichende oder übermäßige Gewichtszunahme und Plazentaablösung festgestellt.
- Schwangerschaftsbluthochdruck: relatives Risiko, RR: 1,17; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,13 – 1,21
- Präeklampsie: RR: 1,08; 95 % KI: 1,01 – 1,15
- Unzureichende Gewichtszunahme: RR: 1,05; 95 % KI: 1,01 – 1,08
- Übermäßige Gewichtszunahme: RR: 1,09; 95 % KI 1,08 – 1,10
- Plazentaablösung: RR: 1,19; 95 % KI: 1,05 – 1,36
Die Ergebnisse zeigten ein ähnliches Muster unabhängig davon, ob der pränatale Cannabiskonsum durch Selbstauskunft oder toxikologische Tests erfasst wurde. Allerdings spielte die Häufigkeit des Cannabiskonsums eine Rolle.
Erhöhtes Risiko für zahlreiche Schwangerschaftskomplikationen, geringeres Risiko für Schwangerschaftsdiabetes
Das Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken, war bei Cannabiskonsumentinnen jedoch signifikant geringer (RR: 0,89; 95 % KI: 0,85 – 0,94). Darüber hinaus wurde kein Zusammenhang zwischen pränatalem Cannabiskonsum und beispielsweise Eklampsie, Plazenta praevia (Plazenta liegt vor dem Geburtskanal) oder Plazenta accreta (Plazenta wächst zu tief in Gebärmutterwand ein) festgestellt.
Komplexe Zusammenhänge besser verstehen
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass pränataler Cannabiskonsum mit verschiedenen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Mutter während der Schwangerschaft verbunden ist. Um jedoch ein umfassenderes Verständnis darüber zu erlangen, wie spezifische Merkmale des pränatalen Cannabiskonsums—wie Dosis, Art und Zeitpunkt des Konsums—diese Zusammenhänge beeinflussen, sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich.