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Medizinisches Cannabis für Kinder und Jugendliche mit erhöhten Risiken für unerwünschte Ereignisse verbunden

Manitoba – Kinder und Jugendliche, die Cannabisprodukte zu medizinischen Zwecken erhalten, sind erhöhten Risiken für unerwünschte Ereignisse ausgesetzt. Daher wäre eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung auf­grund des größeren Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzials bei medizinischem Cannabis in dieser Ent­wicklungsphase ratsam (JAMA Pediatrics 2024, DOI:10.1001/jamapediatrics.2024.3045).

Cannabinoide werden zunehmend zu medizinischen Zwecken bei Kindern zum Beispiel bei medikamenten­re­sistenter Epilepsie, Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen, chronischen Schmerzen sowie Autis­mus-Spektrum-Störungen eingesetzt. Die Datenlage zu den Sicherheitsaspekten beim Einsatz von Cannabinoi­den wurde jetzt erstmals in einem systematischen Review für die jüngere Altersgruppen zusammengefasst.

In dieser Metaanalyse wurden die Ergebnisse aus 23 randomisierten klinischen Studien mit aktivem Kompa­rator oder Placebo-Arm mit 3.612 Probanden (17,6 % weibl., 2 Studien ohne Angaben zum Geschlecht) be­rücksichtigt. 11 Studien (47,8 %) enthielten ausschließlich Kinder und Jugendliche als Studienteilnehmer.

Bei den übrigen 12 Studien (52,2 %) waren auch erwachsene Studienteilnehmer dabei. Zu den untersuchten Optionen zählten gereinigtes Cannabidiol (CBD, 11 Studien, 47,8 %), Nabilon (synthetisch hergestelltes Canna­binoid, 4 Studien, 17,4 %), Tetrahydrocannabinol (THC, 3 Studien, 13,0 %), Cannabis-Kräuterextrakt (3 Studien, 13,0 %) und Dexanabinol (synthetisches Cannabinoid, 2 Studien, 8,7 %).

Die Effekte von medizinischem Cannabis wurden am häufigsten in den Indikationen Epilepsie (39,1 %) und Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen (30,4 %) untersucht. Der Beobachtungszeitraum war in den meisten Studien relativ kurz und rangierte zwischen 10 und 14 Wochen oder über 1-2 Zyklen hinweg bei einer Krebstherapie.

Zum Nebenwirkungsprofil nennen die Studienautoren erhöhte Risiken für unerwünschte Ereignisse wie Durchfall (Risk Ratio (RR) 1,82; 95-%-Konfidenzintervall (95 % CI) 1,30-2,54), Schläfrigkeit (RR 2,28; 95 % CI 1,83-2,85) sowie erhöhte Serumspiegel von Aspartat-Aminotransferase (AST) (RR 5,69; 95 % CI 1,74-18,64) und Alanin-Aminotransferase (ALT) (RR 5,67; 95 % CI 2,23-14,39) im Blut. Das galt vor allem für Studien im Bereich Epilepsie, bei denen die Behandlung mehr als 12 Wochen dauerte, betonen die Studienautoren.

Im Vergleich zum jeweiligen Kontroll-Arm ging eine Therapie mit Cannabinoiden häufiger mit Therapieabbrü­chen aufgrund unerwünschter Ereignisse einher (Risk Ratio (RR) 3,07; 95-%-Konfidenzintervall (95 % CI) 1,73-5,43). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wurden ebenfalls häufiger unter einer Therapie mit medizi­nischem Cannabis beobachtet (RR 1,81; 95 % CI 1,21-2,71).

Behandler sollten aktiv nach unerwünschten Ereignissen wie zum Beispiel ungewöhnlich langes Schlafen, Appetitverän­der­ungen und Schwindel fragen. Wichtig wäre es, den Gesamtkontext mit Komorbidität und Be­gleitmedikation, bei der Erwägung von Cannabinoiden eingehend zu beleuchten.

Ein Interaktionspotenzial mit Cannabinoiden sehen die Studienautoren insbesondere bei Kindern und Jugend­li­chen, die zusätzlich Antiepileptika, wie Clobazam und Natriumvalproat oder Benzodiazepine, erhalten. So be­einflusst Cannabidiol die Stoffwechselprozesse anderer Arzneimittel durch Hemmung von Cytochrom (CYP) 3A4, CYP1A2, CYP2C9 und CYP2C19 Isoenzyme.

Die gleichzeitige Verabreichung von CBD mit Clobazam und anderen Antiepileptika kann bei Kindern mit einem erhöhten Risiko für ZNS-bedingte unerwünschte Ereignisse einhergehen – unter anderem Somnolenz, Euphorie, Sedierung und Schwindel. Kinder und Jugendliche, die zusätzlich Antiepileptika erhalten, sollten ein engmaschiges Monitoring erhalten, empfehlen die kanadischen Wissenschaftler.

Die Studienautoren geben zu bedenken, dass in dieser Metaanalyse nur die kurzfristigen Sicherheitssignale ausgewertet wurden und keine Angaben zu den langfristigen Auswirkungen einer Cannabinoidexposition, vor allem auf die Entwicklung des ZNS, gemacht werden können.

Das Gehirn und das Endocannabinoidsystem entwickeln sich im Kindes- und Jugendalter und könnten wo­möglich Anfälliger auf Cannabinoide reagieren, geben sie zu bedenken. Die Studienautoren plädieren dafür, die langfristigen Effekte, einschließlich Arzneimittelwechselwirkungen, noch eingehender zu erforschen.

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