Arzneimittelstudien Cannabis-Studien Multiple Sklerose

Spastizität-Linderung anhand Muskeltonus messbar?

Original Titel:
A randomized, double-blind, placebo-controlled trial to evaluate the effect of nabiximols oromucosal spray on clinical measures of spasticity in patients with multiple sclerosis

Kurz & fundiert

  • Einschätzung der Wirksamkeit von Nabiximols anhand des spastischen Muskeltonus?
  • Doppelblind randomisierte Überkreuz-Studie der Phase 3 mit 68 MS-Patienten
  • Kein signifikanter Unterschied zwischen Nabiximols und Placebo
  • Weitere Studien nötig für besseres Maß der Spastizität bei MS

DCP Die Wirksamkeit von Nabiximols bei MS-assoziierter Spastizität ist mittels patientenberichteter Maße etabliert. Veränderungen des Muskeltonus zeigten in einer Phase-3-Studie mit 68 Patienten jedoch keinen signifikanten Effekt. Bessere Maße für Spastizität bei MS stehen demnach weiterhin aus.


Spastizität ist ein häufiges und oft stark beeinträchtigendes Symptom der Multiple Sklerose (MS). Die Vielfalt, mit der sich Spastizität präsentiert, kann eine Herausforderung für das Verständnis, die Quantifizierung und das Management der MS-assoziierten Spastizität darstellen. In klinischen und Real-World-Studien demonstrierte das oromucosale Cannabinoid-Spray Nabiximols (Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol) Behandlungsvorteile bei MS-assoziierter Spastizität. In den meisten randomisierten Studien wurde die Wirksamkeit von Nabiximols anhand der Veränderung der täglichen Spastizitäts-Scores mittels einer visuellen Analogskala durch die Patienten selbst berichtet.

Einschätzung der Wirksamkeit von Nabiximols anhand des spastischen Muskeltonus?

Die vorliegende Studie (RELEASE MSS1) untersuchte nun den Effekt von Nabiximols mittels Veränderungen des spastischen Muskeltonus (Modified Ashworth Scale Lower Limb Muscle Tone-6, MAS LLMT-6), um bisherige numerische Bewertungen durch die Patienten zu validieren. Nabiximols wurde in dieser multizentrischen, doppelblind Placebo-kontrollierten Studie der Phase 3 als ergänzende Therapie eingesetzt. Die Untersuchung erfolgte in zwei Phasen im Überkreuz-Design.

In der MAS LLMT-6-Untersuchung erfassten die Autoren den Muskeltonus von 6 Muskelgruppen (Kniebeuger und -strecker sowie Fußgelenk-Plantarflexion), die jeweils bilateral betrachtet wurden. Darüber hinaus ermittelte die Studie MAS LLMT-4-Scores, die Kniebeuger und -strecker untersuchen. Teilnehmende Patienten hatten eine MS-Diagnose und einen MAS-Score von mindestens 2 in mindestens zwei der 6 Muskelgruppen des LLMT-6, trotz Anti-Spastizitätsbehandlung mit einem oder mehr oralen Medikamenten (Baclofen, Tizanidin oder Dantrolen). Die Teilnehmer wurden zufällig einer Behandlungsreihenfolge zugeordnet und erhielten entsprechend erst Nabiximols oder erst Placebo, vor einem Wechsel zur jeweils anderen Behandlungsphase. Die Behandlung erfolgte mit einer Titrationsphase über 14 Tage gefolgt von einer Erhaltungsphase über 7 Tage, sowie einer Auswaschphase von mindestens 7 Tagen zwischen den beiden Behandlungsarten.

Doppelblind randomisierte Überkreuz-Studie der Phase 3 mit 68 MS-Patienten

Insgesamt schloss die Studie 68 Patienten ein, von denen 33 Patienten zuerst Nabiximols gefolgt vom Placebo erhielten, 35 Patienten erhielten erst das Placebo gefolgt von Nabiximols. Die durchschnittliche Veränderung der MAS LLMT-6-Scores ab Studienbeginn bis Tag 21 betrug -0,23 mit Nabiximols und -0,26 mit dem Placebo. Die mittlere Behandlungsdifferenz in den MAS LLMT-6-Scores zwischen Nabiximols und Placebo betrug 0,04 und war nicht statistisch signifikant. Auch Veränderungen in den MAS LLMT-4-Scores von Studienbeginn bis Tag 21 unterschieden sich nicht signifikant zwischen Nabiximols und dem Placebo. Die Sicherheitsergebnisse entsprachen dem bisher bekannten Sicherheitsprofil von Nabiximols bei Patienten mit MS-assoziierter Spastizität.

Kein signifikanter Unterschied zwischen Nabiximols und Placebo

Die Autoren schreiben, dass die Wirksamkeit von Nabiximols bei Spastizität im Zusammenhang mit MS mittels patientenberichteter Maße etabliert ist. Jedoch konnte die vorliegende Studie keine Evidenz für Verbesserungen des Muskeltonus mit der ergänzenden Behandlung finden. Dies kann mit der Zahl der Teilnehmer und der Komplexität spastischer Symptome und Schweregrade zusammenhängen. Weitere Studien werden diese Diskrepanz evaluieren müssen.

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