Allgemein Medizinalcannabis Wirkmechanismus

Wirkmechanismus

Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) modulieren das erweiterte Endocannabinoid-System (ECS), zu dem die beiden primären Endocannabinoide (Anandamid und 2-AG) und ihre Rezeptoren (CB1 und CB2) gehören. Weitere Bestandteile des ECS werden direkt oder indirekt durch körpereigene (endogene) oder von außen zugeführte (exogene) Cannabinoide moduliert. Das ECS spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung und Dämpfung von entzündlichen Prozessen, neuronaler Empfindlichkeit und vor allem Schmerz. Das System interagiert sowohl innerhalb des zentralen als auch im peripheren Nervensystem.

Der Cannabinoid-Rezeptor CB1 ist besonders zahlreich im zentralen Nervensystem (im Gehirn oder Rückenmark) zu finden, wird jedoch auch in vielen anderen Geweben und Organen gebildet, wie z. B. in den Muskeln, der Lunge, der Leber, dem Pankreas, dem Gastrointestinaltrakt sowie im Reproduktions- und Gefäßsystem. Seine Aktivierung durch THC ist wesentlich für die psychoaktiven Effekte von THC-haltigem Cannabis. CB2-Rezeptoren finden sich dagegen besonders im Immunsystem, sind aber auch in der Milz, der Leber, dem Pankreas, der Haut und den Knochen vorhanden.

Neuere Studien weisen auf zusätzliche Rezeptoren im ECS hin, wie z. B. GPR55 (aktiviert durch Anandamid), GPR119 (aktiviert durch Oleoylethanolamid) sowie GPR18. Darüber hinaus werden TRPV1 und PPARs als potenzielle weitere Bestandteile des ECS diskutiert.

Das ECS ist ein evolutionär stark konserviertes Netzwerk für interzelluläre Signale. Seine Rolle im Körper umfasst die Modulierung des Immun- und Nervensystems. Es beeinflusst dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Prozesse wie Appetitregulation, Fettstoffwechsel, Nervenbildung und den Schutz von Nervenzellen. Störungen in diesem System können sich auf den Stoffwechsel, die Insulinwirksamkeit (Insulinresistenz) und die Entwicklung von nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung auswirken. Endocannabinoide scheinen zudem eine Rolle bei der Physiologie und Erkrankung von Endometrium und Plazenta zu spielen. Auch im Kontext von neurologischen und neurodegenerativen Erkrankungen wird der Einfluss des ECS diskutiert. Es bietet zudem neue Ansatzpunkte für die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen. Komponenten des ECS sind auch bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Verdauungstrakts, insbesondere des Darms, von Bedeutung.

Das ECS wird in Stresssituationen aktiviert und durch körperliche Aktivität oder Sport reguliert. Es kann mit Hilfe von pflanzlichen oder synthetischen Cannabinoiden beeinflusst werden, weshalb der medizinische Einsatz von Cannabinoiden in einem breiten Spektrum und mit unterschiedlichen Herangehensweisen möglich ist. Die vielfältigen Aktionen des Systems können jedoch auch eine Vielzahl von Nebenwirkungen verursachen.

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