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Cannabisextrakte, keine Blüten mehr!

Die Abgabe von Cannabis-Blüten auf Rezept ist seit ihrer Zulassung umstritten. Nun fordern auch Stadapharm und der Medizinische Dienst Westfalen-Lippe, die Abgabe von Medizinalcannabis auf standardisierte Extrakte zu beschränken.

Seit 2017 können Patient*innen medizinisches Cannabis in verschiedenen Darreichungsformen in der Apotheke auf Rezept erhalten. Seitdem gab es auch immer einige Stimmen, die dafür plädieren, die Abgabe auf Extrakte zu beschränken. Laut tagesspiegel.de sprechen sich aktuell auch der Arzneimittelhersteller Stadapharm und der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Westfalen-Lippe dafür aus, medizinisches Cannabis nicht mehr in Blütenform, sondern ausschließlich in extrahierten Darreichungsformen in Apotheken abzugeben. Dadurch könnte das Missbrauchspotenzial eingedämmt werden, heißt es. Auch der problematische Doppelstatus der Cannabis-Produkte als Arznei- und Genussmittel könne so aufgelöst werden.

Extrakte besser geeignet für chronische Erkrankungen

Durch die ausschließliche Abgabe von Extrakten ließe sich die Wirkstoffkonzentration deutlich besser kontrollieren, betont Madlen Kuhr, Leiterin der Business-Unit Cannabis beim Pharmahersteller Stadapharm. Der Konzern habe zunächst auch auf Cannabisblüten für die medizinische Versorgung gesetzt, aber dann sein Angebot auf Extrakte umgestellt. Diese seien gerade für die Behandlung chronischer Krankheiten besser geeignet.

Der Stadapharm-Regionalleiter Peter Adamczyk machte deutlich, dass die therapeutische Behandlung mit Cannabis mittlerweile gut erforscht sei. Gleichzeitig passe diese immer noch „nicht vollständig in die Logik von medizinischen Leitlinien und Behandlungspfaden“.

„Blankoscheck für alle möglichen Diagnosen“

Das sieht auch Andreas Rhode so. Er ist der Leiter des Fachreferats Arzneimittel und Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beim Medizinischen Dienst Westfalen-Lippe: „Medizinalcannabis ist ein Systembruch, der in der geltenden Arzneimittelrichtlinie so nicht vorgesehen ist.“ Rhode sieht es als problematisch an, dass in der medizinischen Leitlinie zum Medizinalcannabisgesetz keine Kriterien dafür angegeben sind, wann Cannabis-Produkte nicht angewendet werden sollten. Das sei ein „Blankoscheck für alle möglichen Diagnosen“.

Rhode fände es richtig, Cannabis für bestimmte Anwendungsgebiete zuzulassen. Auch dadurch könne dem Missbrauch vorgebeugt werden. Die Verordnung von Cannabis-Blüten sei auch deswegen problematisch, weil nach der Genehmigung der Therapie durch die Kasse die Sorte und damit der Wirkstoffgehalt eigenmächtig durch die Patient*innen verändert werden können.

Missbrauch von Cannabisblüten

Seit der Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken im April dieses Jahres ist eine wachsende Nachfrage nach Medizinalcannabis in Blütenform zu beobachten. Ein Großteil der Nachfrage wird von Selbstzahlern generiert, die ihre Privatrezepte über speziell darauf ausgerichtete Online-Portale erhalten. 

Nach Aussage des Verbandes der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) lag der Anteil der Selbstzahler bei eingelösten Cannabis-Rezepten im August bei 80 Prozent und diese fragten hauptsächlich Cannabis-Blüten nach – was als Zeichen dafür gewertet werden kann, dass die Nutzung von Blüten eher zu Genusszwecken erfolgt. 

Untersuchungen legen zudem nahe, dass es sich bei den selbstzahlenden Cannabis-Patient*innen hauptsächlich um Männer (88 Prozent) zwischen 20 und 40 Jahren handelt. Das wird von Experten als weiteres dafür Zeichen angesehen, dass es diesen Menschen nicht um medizinische Anwendungen geht. Demgegenüber nutzen laut VCA Patient*innen, die ihre Rezepte über die Kassen finanziert bekommen, hauptsächlich Cannabis-Extrakte – die meisten davon sind Frauen. Die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft warnte bereits im Juli vor einem wachsenden Missbrauch von Medizinalcannabis.

Der Medizinische Dienst Westfalen-Lippe fordert nun Nachbesserungen bei den Regelungen zur Medizinalcannabis-Abgabe: „Wir bewegen uns bei Arzneimitteln in einem stark durchregulierten System, nur bei Medizinalcannabis sind wichtige Aspekte wie Indikation, Gegenindikationen und der Wechsel beim Wirkstoffgehalt völlig ungesteuert.“ Deshalb sei eine Beschränkung auf Extrakte wünschenswert, ebenso wie die Konkretisierung der Anwendungsgebiete und Ausschlusskriterien in den medizinischen Leitlinien.

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